Behauptung:
Wir brauchen keinen Biber in unserer Landschaft

Tatsache:
Biber hat zentrale Bedeutung für Auen- und Hochwasserschutz
Vom Biber profitiert Natur und Mensch

Mit dem Biber kehrt eine „Schlüsselart“ der Feuchtgebiete zurück, die über Millionen Jahre in der Landschaft, die heute Bayern heißt, vorhanden war. Der Landschaftsarchitekt Biber kann wie keine zweite heimische Tierart seinen Lebensraum aktiv gestalten. Vom Biber angelegte Lebensräume sind natürliche, dynamische und damit artenreiche Biotope für viele andere Arten, darunter für eine Fülle von Arten der Roten Liste. Der fleißige Handwerker zimmert die Wohnung für viele selten gewordene Tier- und Pflanzenarten gleich mit: Fischotter, Schwarzstorch, Amphibien, zahlreiche Fischarten und Libellen fühlen sich im Biberrevier wohl. Biberteiche gehören zu den artenreichsten Biotopen überhaupt.

Im westlichen Mittelfranken wurden über 20 Arten der Roten Liste in seit wenigen Jahren vom Biber angelegten Feuchtgebieten gefunden. Röhrichtbrütende Vogelarten, Wasservögel und Sumpfbewohner nahmen deutlich zu. Zu den Tiergruppen, die positiv auf die Biberaktivität reagierten, gehörten strömungsliebende Fischarten  unterhalb des Damms, Fische der Stillgewässer oberhalb des Damms, sowie Amphibien, Libellenarten die Pioniergewässer besiedeln. Auch einige Falterarten an Weichlaubhölzern und Heuschreckenarten des Feuchtgrünlandes profitierten an manchen Standorten vom Biber.

Die Rückkehr des Schwarzstorches nach Deutschland war verursacht durch einen Populationsanstieg in Osteuropa – weil die stark angestiegenen Biberbestände in den Wäldern dem Schwarzstorch neue Nahrungsräume schufen (allein in Polen rechnet man mit 15.000 ha jährlich neu durch den Biber geschaffene Feuchtgebiete!).

Der Biber schafft stehendes und liegendes Totholz. Zum einen direkt durch seine Fäll- und Bauaktivität, zum anderen indirekt durch die Überflutung von Bäumen. Totholz ist ein wichtiger Faktor für die biologische Vielfalt in der Aue. Durch den Überstau sterben einzelne Bäume ab. Unter der Rinde dieser absterbenden Bäume (Weiden) stellt sich der Scharlachkäfer ein. Eine Käferart deren Schutz EU-weit von "gemeinschaftlichem Interesse" ist, die im Anhang II der FFH-Richtlinie steht und massiv von der Aktivität des Bibers profitiert. Die gleichen Weiden dienen Klein- und Mittelspecht zur Nahrungssuche nach verschiedenen Insektenlarven die im Holz oder unter der Rinde leben. Wird ihr Holz morscher, entstehen bald Specht- oder Faulhöhlen. Sie dienen dem Halsbandschnäpper als Brutplatz und vor ihnen jagt er. Im freien Luftraum über dem Biberteich erbeutet er Fluginsekten, die aus den produktiven Wasserflächen geschlüpft sind.

Wenn das Totholz zusammenbricht entstehen weitere Lebensräume an Land für Pilze, Käfer, Trauermücken und Erdschnaken. Im Wasser liegend  bildet es eine Struktur, an die Fische ihren Laich anheften, hier findet die Fischbrut Verstecke vor ihren Feinden und auf seiner Oberfläche wachsen Algenrasen, die von Schnecken und Fischen abgeweidet werden. Auch Köcher- und Steinfliegenlarven nutzen dieses Element als Lebensraum.

Totholz führt außerdem im Wasser zu Verwirbelungen, wodurch sich Sauerstoff anreichert. Im strömungsärmeren Kehrwasser der Stämme stehen bevorzugt die Äschen. Ausgesprochen positive Effekte hat der Biber damit auf die Fischfauna: im direkten Umfeld des Ast-Dschungels einer Biberburg findet man Fischdichten, die bis 80 mal so hoch sind wie sonst. Vom Biber gefällte, im Fluss liegende Bäume und Äste sind die besten Unterstände für hoch bedrohte Fischarten. Die Bedeutung derartiger Totholzstrukturen in Fließgewässern wurde erst im Juni 2005 durch eine Dokumentation „Totholz bringt Leben in Flüsse und Bäche“ des Landesfischereiverbandes und des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft belegt. Totholz variiert Strömung und Wassertiefe, bietet Unterschlupf v.a. für Jungfische und führt nachweislich zu deutlich höheren Fischbeständen.

Totholz ist sogar so bedeutend für vielfältige und fischreiche Gewässer, dass die Wasserwirtschaft ebenso wie manche Fischereivereine dieses Element inzwischen künstlich in die Gewässer einbringen, wo diese Strukturen fehlen. An der Isar bei München wurde dies erfolgreich praktiziert und wissenschaftlich begleitet. Bayerische Fischereivereine bringen also extra Totholz wieder in Fließgewässer ein – der Biber macht dies kostenlos und garantiert damit artenreiche Fischbestände! Im Freisinger Mühlbach hat sich  die Zahl der vorkommenden Fischarten durch die vom Biber neu geschaffenen Lebensräume verdoppelt. In von Bibern renaturierten Bachabschnitten fand die bayersiche Landestanstalt für Fischerei 6 mal mehr Bachforellen als in den biberlosen Abschnitten: je 10 m Bach eine extra Forelle.

Wo Biber Dämme bauen und aktiv ihren Lebensraum gestalten, kehrt also Dynamik in unsere Landschaft zurück. Unter dem Einfluss des Bibers erodiert der Fluss und landet auf, gestaltet um und schafft dabei neue Strukturen. Der Biber ist also mit seinem Netzwerk an Dämmen und Gräben und seiner ständigen Fraßaktivität ein Motor für die Aue.

Der Biber arbeitet damit auch „Hand in Pfote“ zusammen mit der Wasserwirtschaft. Deren Ziele sind heute Renaturierung der Fließgewässer, Schaffung von ungenutzten Pufferzonen an den Gewässern und Rückhaltung von Hochwasserspitzen bereits im Oberlauf. Vergleicht man die Flächen ohne Biberdämme in einem Computermodell, verweilt Wasser, das eine Quadratkilometer große Fläche durchströmt, lediglich 3-4 Stunden. Ist die Fläche mit Biberdämmen versehen, wird das Wasser je nach Dammfestigkeit zwischen 11 und 19 Tagen auf der Fläche zurück gehalten. Abflusshemmend ist auch das vom Biber geschaffene vielfältige Kleinrelief und der reiche Pflanzenbewuchs.

Der Biber kann aber sein gemeinnütziges Handwerk nur ausüben, wo wir an den Ufern kleine Wildnisse zwischen Wasser und Nutzung zulassen. Mehr Abstand zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Fließgewässer wäre ein Gewinn für alle: auch die Wasserwirtschaftsämter fordern einen 5 bis 20 Meter breiten Streifen unberührter Natur als Puffer zu intensiv genutzten Flächen. Das entspricht exakt dem Raum, den auch der Feuchtbiotopgestalter Biber braucht.

Breitwasser statt Hochwasser: wo möglichst breite Auwald- und Brachestreifen das Gewässer begleiten, bremsen sie das Hochwasser. Der Biber hilft mit, die einst zerstörten Auen wieder zu renaturieren. Zusätzlich hält der fleißige Biber mit jedem seiner Dämme und Rückstaue dezentral Wasser eine zeitlang an den Oberläufen der Bäche zurück und trägt dazu bei, Hochwasserspitzen zu kappen.

Abflussverzögerungen durch vom Biber geschaffene Feuchtgebiete und Vernässungen wirken zudem ausgleichend auf den Wasserhaushalt der Landschaft in Trockenperioden. Diese Leistungen erbringt der Biber kostenlos und erspart der Gesellschaft aufwändige technische Renaturierungsarbeiten.

Uferstreifen, wieder mäandrierende Gewässer, weiter vom Fluss zurückgesetzte Dämme, Flüsse die wieder mehr Raum bekommen, neue Auentümpel und Altwässer – nicht nur der Biber, sondern Hunderte anderer Arten aber auch hochwassergeplagte Menschen würden von dieser neuen Auenlandschaft profitieren. Die für den Biberschutz investierten Gelder sind damit hochrentabel für die gesamte Gesellschaft. Der Biber kann Katalysator sein für die überfällige Renaturierung der Talauen und einen ökologischen, nachhaltigen Hochwasserschutz im Land.

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